Warte, bis es dunkel wird (2014) – [UNCUT]
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[imdblive:rating] / 10 |
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Titel | [imdblive:title] | ||
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Genre(s) | [imdblive:genres] | ||
Laufzeit | Jahr | FSK | [imdblive:runtime] min. | [imdblive:year] | [imdblive:certificate] | ||
Regie | Story | [imdblive:directors_nolink] | [imdblive:writers_nolink] | ||
Darsteller | [imdblive:cast_nolink] | ||
Bewertung | [imdblive:rating] ([imdblive:votes] Stimmen) | ||
TIBERIUS FILM |
Vor 65 Jahren hat ein maskierter Serienkiller die Kleinstadt Texarkana terrorisiert. Schon damals gab es viele Opfer. Nun scheint der Killer zurück zu sein. Seine ersten Opfer sind die 17-jährige Jami, die sich auf ein romantisches Date mit ihrem neuen Freund Corey freut, als für sie ein wahrer Alptraum losbricht. Denn der brutale Mörder mit dem Kartoffelsack schlägt gnadenlos zu. Corey wird brutal ermordet und Jami kommt knapp mit dem Leben davon. Besessen von dem Gedanken, dass der Killer von damals zurückgekehrt ist beginnt sie nachzuforschen. Denn damals, im Jahr 1946 hat ein Phantomkiller Liebespaaren aufgelauert, und sie grausam abgeschlachtet. Während die Opferzahl stetig ansteigt, verstrickt sich Jami immer tiefer in die dunkle Vergangenheit und versucht Licht ins Dunkel zu bringen. Sie will den vermummten Killer um alles in der Welt enttarnen…
FILMSTARTS |
65 Jahre sind vergangen, seitdem ein maskierter Serienkiller die Kleinstadt Texarkana terrorisiert hat. Nun scheint die grausame Mordserie jedoch von neuem zu beginnen, wie Jami (Addison Timlin) und ihr Freund Corey (Spencer Treat Clark) am eigenen Leib erfahren müssen – bei einem Angriff des Killers kommt die Highschool-Schülerin gerade so mit dem Leben davon. Ist der nie gefasste Mörder tatsächlich zurückgekehrt oder handelt es sich um einen Nachahmer? Jami versucht nicht nur, die anderen Bewohner der Stadt zu warnen, sondern beteiligt sich selbst aktiv an der Suche nach dem Täter. Da die Polizei unter der Leitung von Sheriff Underwood (Ed Lauter) und dem hinzugerufenen Spezialermittler Lone Wolf Morales (Anthony Anderson) wenig erfolgreich in ihren Anstrengungen ist, stellt das traumatisierte Mädchen bald eigene Nachforschungen an. Unterstützt wird Jami dabei von ihrer Großmutter Lillian (Veronica Cartwright) und ihrem ehemaligen Klassenkameraden Nick (Travis Tope). Währenddessen mordet der Maskierte brutal weiter…
Mit Kenner- und Könnerschaft angefertigte Slasher-Hommage, die auch als harter Thriller, Coming-of-Age-Story und Kleinstadtporträt besteht.
Der Texaner Alfonso Gomez-Rejon ist bereits seit Längerem im Filmgeschäft tätig und verfügt als Assistent von Martin Scorsese und Alejandro Gonzalez Inarritu über das nötige Niveau, als Regisseur etlicher Folgen der „American Horror Story“-Serie gleichzeitig über genügend Fachkompetenz, ein mit Qualitäten ausgestattetes Remake des Billig-Schlitzers „The Town That Dreaded Sundown“ anzuzetteln. War dieser ein Fall für die Grindhouse-Kinos und mit „Der Umleger“ auf deutsch angemessen subtil betitelt, reiht sich Gomez-Rejon Update keineswegs in die lange Reihe nur produktionstechnisch aufgehübschter Neuauflagen ein.
Seine Kenntnis der Genreregeln reizt er mit selbstreflexiven Clous wie aus der „Scream“-Reihe ironiefrei aus, wenn ein provinzielles Doppelstädtchen unter dem Terror eines vermummten Maskenmörders zittert, der bei einem Schäferstündchen Jamis Freund Corey vor ihren Augen massakriert. Damit geht der Serienkiller, der bis 1976 die Stadt in Angst und Schrecken versetzte, wieder oder ein Nachahmer frisch ans Werk. Während die elternlose Jami (glaubhaft: Addison Timlin aus „Californication“) kurz vor ihrem Absprung aufs ferne College im Fadenkreuz des Täters steht, der in deftigen Thrillszenen weiter meuchelt, forscht sie in dem obskuren, nie gelösten Fall nach und fördert neue Erkenntnisse zutage.
Daraus entsteht ein für solche Verhältnisse ungewohnt komplexer Provinzkrimi. Gomez-Rejon kombiniert in pfeffrig harter Gangart einen True-Crime-Thriller mit den Boogeyman-Mythen, hat zugleich Geduld für eine Coming-of-Age-Geschichte und eine Mentalitätsschau der Menschen in der Provinz. Bis in die Einstellungen ahmt er die Atmosphäre der goldenen Ära der Slasherfilme nach, auf kunstfertige Art, die eines Ti West („The House of the Devil“) würdig ist. Mit bedächtigen Kamerabewegungen taucht er in die schrägen Winkel einer alptraumhaften Geschichte, hält sich mit seinem Stilwillen dennoch dezent zurück, lässt Ausstattung und Kostüme im schlaftrunkenen Weichzeichner für sich sprechen. Bei allem Retro-Chic vergisst er nie, ein eigenes, feines und cleveres Geflecht um einen mörderischen Abschied von der Traumzeit der Jugend zu weben.
Mehr als nur ein einfaches Remake
In einer Zeit, in der man das Gefühl hat, dass jeder noch so kleine Horrorfilm ein Remake bekommt, ist The Town That Dreaded Sundown erfrischend anders. Dies ist kein Remake des 1976er-Films, der hierzulande den Titel Der Umleger trägt, sondern vielmehr eine Art Sequel – und das sowohl in Hinblick auf die wahren Morde als auch die filmische Umsetzung. Selbst der Sohn des Regisseurs wird in die Geschichte eingebracht. Größer kann die Metaebene kaum sein.
Texarkana im Jahr 2013: Jedes Jahr wird der Film The Town That Dreaded Sundown gezeigt, der von den Morden des Phantoms, die Ende der 1940er stattfanden, handelt. Aber dieses Jahr ist es anders. Dieses Jahr taucht das Phantom wieder auf. Oder jemand, der in seine Fußstapfen tritt. Jamis Freund wird sein erstes Opfer, sie lässt er leben, mit der Warnung, alle an Mary zu erinnern. Aber wer ist Mary, wer ist das Phantom und wie kann man verhindern, dass es all die Morde nachstellt, die im Film aus dem Jahr 1976 gezeigt worden sind.
Der 1976er-Film ist heutzutage recht obskur, jedoch ein faszinierendes Stück Film, das mit dem dokumentarischen Ansatz arbeitet, wie ihn Jahre später David Fincher bei seinem Zodiac benutzt hat, aber zugleich die Mechanismen des Slasher-Kinos, wie es mit Freitag, der 13. populär wurde, vorwegnimmt. Alfonso Gomez-Rejons Film ist ein gänzlich anderes Biest, eine Slasher-True-Crime-Arthaus-Mixtur, die auf ganzer Linie hätte scheitern können, aber deren Einzelteile brillant ineinander übergehen. Das Ergebnis ist weit, weit mehr als die Summe seiner Teile.
The Town That Dreaded Sunlight funktioniert sowohl als Slasher-Film als auch als Crime-Mystery. Die Szenen mit dem Phantom, das nach Sonnenuntergang mordet, sind effektiv, aber auch mit Stil gestaltet. Gomez-Rejon setzt auf eine Farbdramaturgie, die zwar jedwedem Realitätsanspruch zuwiderläuft, aber unglaublich atmosphärisch ist. Die Verbindung zweier unterschiedlicher Erzählebenen funktioniert, der Film ist sowohl oberflächlich, als auch hintergründig spannend. Einerseits wird man von den typischen Slasher-Konventionen gepackt, andererseits rätselt man mit, wer der Killer sein könnte.
Der Film vermengt dabei Realität und Fiktion miteinander und dichtet Neues hinzu. Er nimmt die realen Morde als Ausgangslage, orientiert sich dann aber stärker an der Verfilmung. Das ist ein grandioser Schachzug, denn der 1976er-Film hat tatsächlich die Wahrnehmung des Falls um den niemals gefassten Phantom-Killer verändert. Er berief sich darauf, mit Ausnahme der Namen reale Ereignisse nachzubilden, hat das aber ganz gewaltig ausgeschmückt, was dann wiederum ins kollektive Bewusstsein überging. Der neue Film vermengt dies nun miteinander, er ist Kunst, die das Leben und die Fiktion imitiert, und dabei etwas ganz Neues erschafft.
Darum wird auch die Figur Charles B. Pierce Jr. eingeführt, der Sohn des Regisseurs des 1976er-Films. Eigentlich schade, dass er nicht vom echten Pierce gespielt wird, der zeitweise als Schauspieler tätig war. Aber Denis O’Hare, bekannt aus True Blood und American Horror Story, spielt ihn mit einer Mischung aus fiebrigem Eifer und fast überwältigender Obsession. Das macht ihn verdächtig, aber wer das Phantom ist, lässt sich nicht erraten. Es gibt keine Tipps und keine Hinweise, der Zuschauer tappt zusammen mit der Protagonistin im Dunkeln. Die Auflösung gerät vielleicht ein wenig zu konventionell, lebt aber zumindest vom Ungreifbaren, weil das Böse eben immer Rätsel aufgibt und Fragen zurückbleiben – wie eben auch im echten Fall der so genannten „Moonlight Murders“.
The Town That Dreaded Sundown ist dem Titel zum Trotz mehr als nur ein Remake. Ein cleverer Film, der das Original tatsächlich zitiert, wiederholt und erweitert, aber in einer Metafiction-Form, wie sie faszinierender nicht sein könnte.